Am Dienstag, dem 26. April 2022, besuchte ich das Studienstiftungsgespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der voestalpine, DI Herbert Eibensteiner, im Rahmen der Förderung durch die Österreichische Studienstiftung. Auf das eineinhalbstündige Gespräch folgte eine ebenso lange Führung über das Werksgelände, das Highlight war die Besichtigung des Hochofens.
„In Linz beginnt’s“, sagt man im Volksmund so schön. Aber damit überhaupt etwas in Linz beginnen kann, wie das von mir am Dienstag, dem 26. April 2022, besuchte Studienstiftungsgespräch mit DI Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der voestalpine, und die anschließende Führung durch das Areal, muss man erst einmal nach Linz gelangen. Da das Gespräch um 14:00 Uhr im Besucherzentrum der voestalpine in Linz stattfand, begann meine Reise bereits am Vortag mit dem Einsteigen in den Railjet. Die Anreise ging nicht ohne Zwischenfälle über die Bühne, ein Triebwagendefekt in Wörgl sorgte für fast eine Stunde Verspätung. Aufgrund der späten Ankunft in Linz (22:30 Uhr) war an eine Stadtbesichtigung nicht mehr zu denken, auch das Abendessen fiel dem Defekt zu Opfer. Mit einem anderen Vorarlberger Studienstiftler, der bereits am frühen Nachmittag angereist war, besuchte ich eine der wenigen geöffneten Lokalitäten. Dass Linz stinkt, stimmt übrigens nicht. Dass Linz am Abend ausgestorben ist, stimmt allemal. Dass Linzer Öffis am Abend nicht mehr fahren, ist fatal. Die Auswahl an E-Scootern stellte sich als nützlich heraus, als Nicht-Linz-Kenner durch die nächtlichen Linzer Straßen zu fahren, war verwirrend, aber kurzweilig.
Man hatte uns den Tipp gegeben, dass wir uns das Ars Electronica anschauen sollen. Also besuchten wir zwei Vorarlberger das Museum, das auch schon vom First Lego League-Team unserer Schule angesteuert wurde. Besonders die Vorführung im Deep Space 8K hat es uns angetan, ein rund acht Meter hohem Raum, in dem sowohl die Wand als auch der Boden als Leinwand dient. Die Kombination aus Information und genialen, teils dreidimensionalen Bildern und Videos faszinierte uns. Wo sonst kann man die Oberfläche der Sonne in solch einer Größe ansehen? Im Ars Electronica trafen wir auch eine weitere Studienstiftlerin, die Physik in Innsbruck studiert.
Zu dritt machten wir uns auf dem Weg zur voestalpine, leider verhinderte der Bus, der mit jedem Meter noch mehr Verspätung kumulierte, eine vorzeitige Ankunft, wir kamen gerade pünktlich im Gästehaus an. Um 14 Uhr begann das Studienstiftungsgespräch: Diese sind Gesprächsrunden mit rund acht Studienstiftler:innen, die exklusiv die Chance haben, im kleinen Rahmen mit Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik interessante Themen zu diskutieren. DI Herbert Eibensteiner erzählte uns von seinem Werdegang und der Geschichte der voestalpine. 1938 von den Nationalsozialisten als Hermann-Göring-Werke gegründet, hatte das Unternehmen in den 1980ern große wirtschaftliche Probleme, zum Großteil ausgelöst durch die Arbeitsplatzschaffung der Politik. 1995 wurde das bis dato staatliche Unternehmen durch den Börsengang privatisiert. 14 % der voestalpine sind derzeit im Besitz der Mitarbeiter:innen, 13 % hält die Raiffeisenbank Oberösterreich und weitere 8 % die Oberbank. Die Privatisierung konnte die Probleme lösen, lag der Umsatz 1995 noch bei zwei Milliarden Euro, liegt er heute bei 14 Mrd. Euro. Heute ist das Unternehmen auf fünf Kontinenten, in 50 Ländern mit 500 Standorten vertreten.
Ein großes Problem, mit dem sich der Vorstand beschäftigt, ist die Umweltverträglichkeit des eigenen Handelns. Die voestalpine ist der größte CO2-Emittent Österreichs, rund 10 % der Emissionen Österreichs entfallen auf den Großkonzern. Durch die Weiterentwicklung der Hochofentechnologie, untern anderem mit dem Einsatz von Wasserstoffplasma, soll 2027 der erste Hochofen ersetzt werden und zu einer CO2-Reduzierung von 30 % führen. Auch durch eine Kreislaufwirtschaft und Recycling könne der Konzern Energie sparen, erzählte der Vorstandsvorsitzende.
Ein wichtiger Geschäftsbereich der voestalpine ist die Automobilindustrie. Laut Eibensteiner ist sie Innovationstreiber. Auf meine Frage, wie zukunftsfähig dieser Geschäftsbereich ist, antwortete er, dass er diesen für zukunftsfähig halte, ein wichtiger Bereich der voestalpine sei aber auch die Eisenbahn, wodurch man breiter aufgestellt sei. Auch im sozialen Bereich sieht der Vorstandsvorsitzende die voestalpine gut aufgestellt, so haben sie vor kurzem eine Million Euro an Betroffene in der Ukraine gespendet. Ein eigener Kindergarten unterstütze die Mitarbeitenden. Das klassische Bild, dass die Bevölkerung von Stahlarbeitenden hat, sei aber falsch, der Großteil arbeite nicht an vorderer Front, sondern steuert die Maschinen von Steuerzentralen. 3.000 Roboter werden auf dem Areal eingesetzt, künstliche Intelligenz unterstützt die Qualitätssicherung. Derzeit suche die voestalpine vor allem Mathematiker:innen und Statistiker:innen, erzählte er weiter.
Auf das Gespräch folgte eine eineinhalbstündige Führung durch das Linzer Areal. In einem Reisebus besuchten wir Teile des fünf Quadratkilometer großen Areals. Von der Herstellung des Koks bis zu der Endverarbeitung reichte die Führung. Das Highlight war wohl der Besuch des Hochofens. Mit genügend Abstand betrachteten wir interessiert den Vorgang des Erzschmelzens. Der Transport der Rohstoffe und Produkte innerhalb des Areals findet fast ausschließlich über die Schiene statt, das führt dazu, dass das Schienennetz der voestalpine in Linz länger ist als das Vorarlberger.
Nach etwas mehr als drei Stunden neigte sich der Nachmittag dem Ende zu, wir Studienstifter:innen machten uns auf dem Weg zum Bahnhof. Die Physikstudentin, der Vorarlberger und ich nahmen den gleichen Railjet, mit Begleitung ging die Zugfahrt schnell vorbei, die Verspätung von zwanzig Minuten war verkraftbar. Ungeklärt blieb hingegen, warum die ÖBB im Boardrestaurant nichtverschließbare Getränke verkauft.
Es war ein spannender Einblick in das sechsgrößte Unternehmen Österreichs und den siebtgrößten Stahlhersteller weltweit. Das Gespräch mit DI Herbert Eibensteiner war aufschlussreich, ich konnte viel über ihn, die voestalpine und die Herausforderungen, die in nächster Zeit auf die Stahlindustrie zu kommen werden, lernen. Dank gilt dem Team der voestalpine und der Studienstiftung.
Die Studienstiftung unterstützt junge Talente durch Veranstaltungen wie diese, die den Horizont der Geförderten erweitern. Auch für das Gespräch und die Führung wurden die Reise- und Übernachtungskosten übernommen. Die Österreichische Studienstiftung ist eine Initiative der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), welche engagierte Schüler:innen der Abschlussklassen sucht und nach der Aufnahme in die Stiftung bis zum Abschluss des Masterstudiums persönlich und fachlich begleitet. Neben dem Mentoring werden zusätzlich Praktika, Vorträge in diversen Forschungsgebieten, Seminare zu verschiedensten Themen und Gesprächsrunden mit Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik angeboten.
Interessierte Schüler:innen, die nächstes Jahr in die achte Klasse kommen, können sich bei Interesse an Frau Professor Erika Schuster unter der E-Mail-Adresse erika.schuster@bgdornbirn.at wenden.
Weitere Informationen zur Studienstiftung: https://www.oeaw.ac.at/studienstiftung/
Die Studienstiftung auf Instagram: https://www.instagram.com/studienstiftung.at/
Julian Jenny (8ar)
Bilder vom Studienstiftungsgespräch: © ÖAW, Daniel Hinterramskogler
Bilder vom voestalpine-Areal: © voestalpine AG, Quelle: voestalpine.com
Sonstige Bilder: © Julian Jenny