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Exkursion nach Innsbruck

Von Donnerstag, den 22. auf Freitag, den 23. September unternahmen die Klassen 7ar und 7br des BG Dornbirns im Rahmen des Schulfaches „Naturwissenschaften in der Praxis“ eine Exkursion nach Tirol. Ziel dieser Exkursion war es, sich an der Fakultät für Mikrobiologie der Universität Innsbruck mit dem Klimawandel und der Belastung durch Mikroplastik in Bezug auf die Gletscher und Eisregionen unserer Welt zu befassen. Das Programm an beiden Tagen wurde insgesamt in einen Workshop und zwei Vorträge unterteilt. Das Highlight der Exkursion wäre eigentlich die Wanderung auf den Stubaier Gletscher gewesen, diese wurde jedoch aufgrund von Wetterumständen abgesagt.

Charakteristika Kryosphäre: Als Kryosphäre werden alle von Eis und Schnee bedeckten Gebiete der Erde bezeichnet, dazu zählen zum Beispiel Gletscher, Permafrostgebiete und auch saisonal gefrorene Böden. Die Kryosphäre wurde lange Zeit als „sterile Wüste“ bezeichnet, weil davon ausgegangen wurde, dass unter solchen Bedingungen kein Leben existieren kann. Doch wo flüssiges Wasser existiert, da findet auch Leben seinen Weg. Denn in den Grenzregionen zweier Eiskristalle bilden sich Zwischenräume, in welchen sich flüssiges Wasser mit einer höheren Ionen- und Mineralstoffkonzentration befindet. In diesen Zwischenräumen ist es für bestimmte Mikroorganismen möglich, zu überleben. Jedoch befinden sich diese Mikroorganismen in einer Art „Superzeitlupe“, das bedeutet, dass sie ihren Metabolismus und ihre Reproduktion um ein Vielfaches verlangsamen. So braucht ein Bakterium bei gewöhnlichen Umständen nur 20 Minuten zur Verdopplung, ein Bakterium in der Antarktis benötigt dafür jedoch ein ganzes Jahr. Weil sich die Kryosphäre nur sehr langsam von Beschädigungen erholen kann, ist sie ein äußerst empfindliches Ökosystem. Mittlerweile ist also bekannt, dass in der Kryosphäre doch leben existieren kann, weshalb die Bezeichnung der Kryobiosphäre zeitgerechter wäre.

Rückkopplungseffekte: Schnee und Eis reflektieren einen großen Teil des Sonnenlichts, in der Fachsprache haben sie also eine hohe Albedo. In der Theorie führt das reflektieren von mehr Sonnenlicht zur weiteren Abkühlung des Gebietes und somit zur Ausdehnung von Schnee- und Eisflächen, was die Rückstrahlkraft weiter erhöht. Dieser Vorgang wird als positive Rückkopplung bezeichnet. Dem gegenüber stehen noch andere Rückkopplungen, ausgelöst durch zum Beispiel auf Gletschern siedelnde Algen, welche sich durch ihre dunkel gefärbten Pigmente vor UV-Strahlung schützen. Diese dunklen Pigmente absorbieren das Sonnenlicht deutlich besser und erwärmen somit wieder die Schnee- oder Eisflächen in der Umgebung, folglich schmelzen diese. Diese verschiedenen Rückkopplungen sollten sich normalerweise gegenseitig aufheben, das bedeutet, dass weder das gesamte Eis schmilzt noch, dass die gesamte Erde zufriert. Doch der immer stärker zunehmende Klimawandel fördert das Wachstum der Algen, diese breiten sich vermehrt auf den Gletschern aus und sorgen für eine bessere Aufnahme von Sonnenenergie. Das Eis schmilzt also schneller, was die Albedo reduziert, weshalb es zu einer erneuten Temperaturzunahme führt. Es findet momentan also eine verstärkte negative Rückkopplung statt, welche einen großen Teil zur rasanten Gletscherschmelze beiträgt.

Potential für biotechnologische Anwendungen: Die Überlebensmechanismen, die die Mikroorganismen angeeignet haben, sind auch für den Menschen interessant. Zum Beispiel könnten die Pigmente der Algen, die vor UV-Strahlung schützen, zur Herstellung eines biologischen Sonnenschutzes verwendet werden. Auch in der Konservierung von Spenderorganen könnten die Mikroorganismen der Kryosphäre eine große Hilfe sein. Denn mithilfe von Proteinen schaffen es diese, ihre Zellen vor Erfrierungen zu schützen. Mithilfe dieser Proteine könnte die Konservierungszeit von Organen in Zukunft drastisch verlängert werden. Momentan kann erst ein Spender gesucht werden, wenn ein Organ bereits benötigt wird. Nun könnten Spenderorgane bereits viel früher gesucht und „auf Vorrat“ aufbewahrt werden, sodass sie im Notfall schneller verfügbar wären.

Auswirkungen des Tourismus auf die Kryosphäre: Vor allem auf Gletschern und in Skigebieten lässt sich die hohe Konzentration von Mikroplastik auf den Tourismus zurückführen. Die Skipisten werden unvermeidlich durch den Abrieb von Fleecejacken und sonstigen Kleidungsstücken, welche Plastik enthalten, verschmutzt. Dieser Abrieb von Mikroplastik ist jedoch nichts im Vergleich zu der Menge, die von den Hartschaumplatten und Fleecefolien erzeugt werden. Denn aufgrund des Klimawandels werden viele Pisten und Gletscher über den Sommer hinweg von Folien bedeckt, die die Oberfläche besser vor Sonnenstrahlung schützen sollten. Zwar funktionieren diese Abdeckungen mehr oder weniger, doch sie hinterlassen auch eine hohe Menge an Mikroplastik. Anmerkung: In Tirol werden pro Jahr 580km² Schnee von solchen Folien bedeckt.

Eis und Schnee mit Gedächtnis: Schnee und Eis eignen sich als perfekten Speicher für Viren, radioaktive Materialien und Mikroplastik. Wenn ein Eisbohrkern auf einem Gletscher entnommen wird, kann anhand der im Eis aufgefundenen Partikel die Zeitperiode bestimmt werden, aus welchen die verschiedenen Schichten im Eis stammen. Wenn also zum Beispiel radioaktive Rückstände in einer Schicht festgestellt werden, könnte dieser Teil des Eises aus der Zeit des Tschernobyl Vorfalls stammen. Je tiefer also die Bohrung ist, desto älter werden die Schichten. Wenn das Eis nun auftaut, geht dieses „natürliche Archiv“ verloren und noch zusätzlich könnten Jahrhunderte alte Viren, Parasiten und Bakterien, welche bisher im Eis eingeschlossen waren, freigesetzt werden. Es ist nicht abzusehen, was die Gletscherschmelze alles freilegen wird.

Karlheinz Kassegger, 7br